Aufgeladen in die Zukunft

Expertise-Weimann
Der Absatz von Elektrofahrzeugen steigt rasant – doch könnte die Branche Opfer des eigenen Erfolges werden? Axel Weimann, der Trelleborg Fachmann für E-Mobilität, berichtet über Ladegeräte und Wasserstoff-Lkws und erläutert, warum er seinen Verbrenner gegen ein Elektroauto tauscht.

Ganz gleich, welche Date nman heranzieht —, das Wachstum der Elektroautos erscheint wie eine echte Erfolgsgeschichte. Weltweit verdreifachte sich die Anzahl der E-Autos laut Angaben der International Energy Agency (IEA) von 2018 bis Ende 2021 auf 16,5 Millionen. Allein im ersten Quartal von 2022 wurden zwei Millionen Elektroautos verkauft, rund 75 Prozent mehr als im Vorjahr.

 

Doch mit einem solchen Wachstum wachsen auch die Herausforderungen. So steigen die Preise der für die Batterieherstellung notwendigen Mineralien rasant. So kostete Lithium zum Beispiel laut IEA im Mai 2022 sieben Mal so viel wie noch am Anfang des Jahres 2022.

 

Vielerorts konnte der Ausbau der Ladeinfrastruktur nicht mit den hohen Verkaufszahlen der Elektroautos Schritt halten, was mögliche Käufer zögern lässt. Bei Verbraucherumfragen wird regelmäßig die Sorge über die Reichweite geäußert, ungeachtet der Hinweise aus der Branche, dass die Reichweite deutlich gestiegen ist. 

 

„Wer noch keine Erfahrungen als Besitzer eines Elektroautos gemacht hat, sieht gern überall die möglichen Schwierigkeiten und nicht die Lösungen“, sagt Axel Weimann, der sich auch beruflich mit Leidenschaft für die Zukunft des Autos einsetzt. „Diese Sorgen werden aber durch die technischen Verbesserungen der nächsten Jahre wegfallen.“ 

 

Weimann ist bei Trelleborg der Experte für E-Mobilität und hat sich schon früh mit dem Thema beschäfigt. Sein erstes Elektroauto, einen Nissan Leaf, erwarb er 2015, als die Verkaufszahlen weltweit noch bei etwa einer halben Million lagen. Damals hatten E-Autos im Winter eine Reichweite von rund 100 Kilometern, also nur einem Drittel von dem, was bei vergleichbaren Wagen heute möglich ist. „Als Zweitwagen war er toll“, schwärmt Weimann. Als es Zeit für ein Upgrade war, tauschte er den Nissan gegen einen Renault Zoe, der schon effizienter war und eine größere Reichweite hatte.

 

Für viele potenzielle Käufer sind Reichweite und Effizienz nur von mehreren Themen. Sie beschäftigen sich eher mit banalen Themen, zum Beispiel mit der Frage, wo man denn das Auto aufladen könne, wenn man in einem Mehrfamilienhaus wohnt. Diese Frage wird sich jedoch laut Weimann bald erledigen, denn Arbeitgeber in ganz Europa investieren bereits in die Ladeinfrastruktur und Tankstellen beginnen, Schnellladestationen aufzubauen, an denen Strom für 250 Kilometer in gerade einmal 25 Minuten geladen werden könnte.

 

„Wenn Sie in der Woche weniger als 250 Kilometer fahren, dann brauchen Sie zu Hause kein Ladegerät“, meint er. „Sie laden einfach, während Sie einkaufen oder sich mit Freunden auf einen Kaffee treffen. Man muss einfach nur die Denkweise ändern, um zu erkennen, dass sich das Auto beim Parken laden lässt. So kann man unterdessen etwas Sinnvolles tun, statt eigens zur Tankstelle zu fahren.“

 

Die Zunahme von Elektroautos belastet allerdings die Stromnetze auf eine bislang unbekannte Weise. Laut dem US-Energieministerium benötigt ein Elektroauto, um 160 Kilometer zu fahren, dieselbe Menge an Elektrizität, die derzeit ein typisches Haus in den USA am Tag verbraucht.

 

Doch obwohl Elektroautos eine deutliche Belastung für das Stromnetz darstellen, könnten sie auch ein Teil der Lösung sein, meint Weimann.

 

Durch eine intelligente Ladetechnologie, auch bekannt als „Vehicle to grid“, können Fahrzeugbatterien Energie ins Netz zurückspeisen und dieses damit entlasten, wenn der Bedarf am größten ist. Der Bundestag hat für entsprechende Pläne bereits grünes Licht gegeben. 

 

„Diese ‚atmende Energieversorgung‘ ist ein vollkommen neuer Ansatz“, erklärt Weimann. „Sie sorgt beim Stromnetz für riesige Kosteneinsparungen, da die Behörden keine eigenen Speicher zur Verfügung stellen müssen. Dafür wird einfach die Fahrzeugflotte auf der Straße genutzt.“

 

Die Batterietechnologie ist inzwischen derart ausgereift, dass sie in den Fokus von Regierungen und Herstellern geraten ist. Zugleich würde sich laut Weimann auch die Wasserstoffenergie zügig weiterentwickeln. Gegenüber dem Elektroantrieb bietet sie vor allem bei schweren Lastwagen einige Vorteile.

 

Für den Elektroantrieb von Lastwagen in Standardgröße wären Batterien mit einem Gewicht von zwei Tonnen erforderlich. Die Menge an Wasserstoff für eine vergleichbare Reichweite würde hingegen nur ein Viertel davon wiegen. Dem Spediteur würden also 1,5 Tonnen Ladung verloren gehen und dabei sind noch nicht einmal die Schwierigkeiten berücksichtigt, die mit der Suche nach einem Schnelllader außerhalb der entwickelten westlichen Länder verbunden sind. „Für Wasserstoff- Lkw gibt es mindestens in den kommenden zehn Jahren noch viele Möglichkeiten“, sagt Weimann.

 

Die fehlende Infrastruktur zeigt auf, welche Grenzen der E-Mobilität in den kommenden Jahren noch gesetzt sind, für Schwellenländer deutet sich hier sogar eine Krise an. Ob nun in China, Nordamerika oder Westeuropa — die Regierungen haben ambitionierte Ziele bei Emissionssenkungen gesetzt. Dies regt Investitionen in erheblichem Ausmaß an, mit denen die Infrastruktur zur Förderung der E-Mobilität ausgebaut wird. 

 

„Autos werden für große Märkte gebaut“, meint Weimann. „Länder ohne Ladeinfrastruktur und Länder, denen das Geld für eine Verkehrswende fehlt, brauchen Hilfe bei der weiteren Entwicklung. Sonst dauert es nicht mehr lange und es gibt für diese Märkte keine Neuwagen mehr.“ 

 

Derzeit konzentrieren sich die Hersteller auf ihre heimischen Märkte, aber ist wirklich jeder bereit, auf ein Elektroauto umzusteigen? Autoliebhaber neigen dazu, Verbrennungsmotoren zu romantisieren. Sie zu überzeugen ist wahrscheinlich der finale Test des Elektroautos als Produkt. Hier geht Weimann jetzt hoffnungsfroh voran: Er wird seinen Sportwagen verkaufen und sich stattdessen einen Tesla zulegen. 

 

„Wenn man an einen Wagen mit V8-Motor und dessen coolen Sound denkt, dann ist das sicherlich faszinierend“, sagt er. „Doch deren Zeit ist bald vorbei. Und bedenken Sie: Wenn man Solarmodule auf dem Dach hat, sodass man mit eigener Energie fahren kann, dann ist das ebenfalls ein tolles Gefühl.“ 

 


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